Bei der Spaltung des Brennstoffs Uran-235 entstehen radioaktive Spaltprodukte. Diese zerfallen und erzeugen dabei Wärme. Diese wird Nachzerfallswärme – oder kurz Nachwärme – genannt. Die Nachwärme baut sich innert weniger Stunden sehr stark ab.
Die Systeme der Nachwärmeabfuhr erfüllen sowohl betriebliche als auch sicherheitstechnische Aufgaben: Nach planmässiger Abschaltung der Reaktoranlage übernehmen sie die Kühlung des Reaktorkerns. Im Störfall mit Kühlmittelverlust stellen sie die Notkühlung des Kerns sicher. Dieselben Einrichtungen werden ausserhalb des Nach- und Notkühlbetriebs zur Kühlung des Brennelementbeckens benutzt.
Beim Abfahren der Anlage wird die anfallende Nachzerfallswärme während der ersten Phase über die Dampferzeuger abgeführt. Später übernimmt das nukleare Nachkühlsystem die weitere Temperaturabsenkung.
Die vom Nachkühlsystem aufgenommene Wärme wird für jeden Strang in einer separaten Nachkühlkette über einen Zwischenkühlkreislauf an den Oberwasserkanal der Aare abgegeben. Der Zwischenkühlkreislauf bildet die Barriere zwischen dem Hauptkühlmittel und dem Flusswasser.
Zur Kühlung des Brennelementlagerbeckens stehen zwei mit dem Nachkühlsystem verknüpfte Beckenkühlstränge sowie ein weiterer vom Nachkühlsystem unabhängiger Beckenkühlstrang zur Verfügung.
Die Leistungsfähigkeit des Nachkühlsystems ermöglicht eine Abkühlung der Reaktoranlage innerhalb einiger Stunden. Die Nachkühlpumpen saugen dabei aus den vom Reaktor wegführenden Hauptkühlmittelleitungen an und speisen das Kühlmittel über die Nachkühler in die zum Reaktor hinführenden Leitungen des Reaktorkühlsystems zurück.
Im Kühlmittelverluststörfall muss das Nachkühlsystem unabhängig von der Leckgrösse das Fluten des Reaktorkerns und die langzeitige Nachwärmeabfuhr aus dem Reaktordruckbehälter sicherstellen. Das System ist derart ausgelegt, dass es auch im Falle eines vollständigen Bruches einer Hauptkühlmittelleitung den Reaktorkern mit boriertem Wasser bedeckt und eine ausreichende Kühlung gewährleistet.
In sechs Druckspeichern, die über Rohrleitungen und Rückschlagventile an die drei Umwälzschleifen des Reaktors angeschlossen sind, wird boriertes Notkühlwasser bereitgehalten. Unterschreitet bei einem grossen Leck der Druck im Reaktorkühlsystem den Druckspeicherdruck, dann entleeren sich diese über die Hauptkühlmittelleitungen in den Reaktordruckbehälter.
Sobald der Druck im Reaktorkühlsystem unter 10 bar gefallen ist, erfolgt die Zuschaltung des Niederdruckeinspeisesystems und die Nachkühlpumpen fördern boriertes Wasser aus den vier Flutbehältereinheiten über getrennte Einspeisestränge in die Kühlkreisläufe.
Bei langsamerem Druckabbau im Falle eines kleineren oder mittleren Lecks starten vorerst die Sicherheitseinspeisepumpen des Hochdruck- Sicherheitseinspeisesystems, welche borhaltiges Wasser aus den Flutbehältern in das Reaktorkühlsystem fördern, bis der Druck so weit gesunken ist, dass die automatische Umschaltung auf die Niederdruckeinspeisung erfolgt.
Das in den Reaktorkern eingespeiste Wasser strömt nach Auffüllen des Reaktordruckbehälters durch die Bruchstelle in den tiefsten Teil des Sicherheitsbehälters, den sogenannten Sumpf. Sobald der gesamte Borwasservorrat aus den Flutbehältern und Druckspeichern eingespeist ist, wird das Wasser aus dem Gebäudesumpf mit den Nachkühlpumpen angesaugt und über die Nachwärmekühler in den Reaktordruckbehälter zurückgefördert.
Sowohl beim Niederdruck- als auch beim Hochdruck-Sicherheitseinspeisesystem stehen drei voneinander völlig unabhängige Einspeisestränge zur Verfügung, wobei jeweils ein Einspeisestrang einer Umwälzschleife zugeordnet ist. Darüber hinaus ist ein Reservestrang vorhanden, der auf den anderen drei Strängen aufgeschaltet ist. Zur Beherrschung eines Kühlmittelverluststörfalles reicht bereits ein Einspeisestrang. Da alle Armaturen über das Notstromnetz versorgt werden, bleibt die Betriebsbereitschaft der Kernnot- und Nachkühlsysteme auch unter extremen Bedingungen erhalten.