Entsorgungskonzept
Die verschiedenen Arten radioaktiver Abfälle stellen – je nach Zusammensetzung – ein Gefahrenpotenzial für einige Hundert bis gut 100’000 Jahre dar. Sie müssen daher so entsorgt werden, dass Menschen und Umwelt über lange Zeiträume hinweg zuverlässig geschützt bleiben.
Die geologische Tiefenlagerung entspricht den hohen Anforderungen an diese Langzeitsicherheit. Entsorgungskonzepte, deren Sicherheit auf ständiger Überwachung durch den Menschen beruht, erfüllen diese Anforderungen nicht. Das Schweizer Parlament hat daher die geologische Tiefenlagerung im Inland für alle Arten radioaktiver Abfälle im Kernenergiegesetz verbindlich vorgeschrieben.
Entsorgung tief unter dem Erdboden
International sind sich die Fachleute seit Langem einig: Die Lagerung radioaktiver Abfälle in geeigneten Gesteinen tief unter dem Erdboden ist der sicherste Entsorgungsweg. Die Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) wies nach jahrelangen Vorarbeiten nach, dass die Entsorgung in einem geologischen Tiefenlager in der Schweiz gemäss den im Kernenergiegesetz verankerten Anforderungen machbar ist. Nach eingehender Prüfung durch Fachleute im In- und Ausland genehmigte der Bundesrat diesen Entsorgungsnachweis für alle Arten radioaktiver Abfälle im Jahr 2006.
Das Entsorgungskonzept der Schweiz sieht vor, dass die hochaktiven Abfälle zunächst zwischengelagert werden – erst in den Abklingbecken der Kernkraftwerke und dann im zentralen Zwischenlager (Zwilag) in Würenlingen. Dort kühlen sie über rund 40 Jahre ab, wobei auch ein wesentlicher Teil ihrer Radioaktivität abklingt. Auch die schwach- und mittelaktiven Abfälle kommen ins Zwilag. Ein grosser Teil davon wird dort endlagergerecht verarbeitet und verpackt. Diese Abfälle benötigen keine Abkühlzeit und können jederzeit direkt in einem Tiefenlager entsorgt werden.
Verschluss der Tiefenlager...
Geologische Tiefenlager bieten neben der Sicherheit noch einen weiteren Vorteil. Sie können nach der Einlagerung der radioaktiven Abfälle definitiv verschlossen werden und brauchen dann keine Überwachung mehr. In Tiefe von rund 900 Metern sind die radioaktiven Abfälle so weit vom Lebensraum des Menschen entfernt und isoliert, dass man sie getrost vergessen darf – unabhängig von gesellschaftlichen und klimatischen Veränderungen, die sich an der Erdoberfläche abspielen mögen. Zukünftige Generationen sind frei, das Tiefenlager zu überwachen oder definitiv zu verschliessen.
…nach einer Phase der Überwachung und Rückholbarkeit
Grundsätzlich muss ein geologisches Tiefenlager gemäss Kernenergiegesetz so gebaut werden, dass die radioaktiven Abfälle nötigenfalls vor einem endgültigen Verschluss der Anlagen ohne grossen Aufwand zurückgeholt werden können. Diese Option der Rückholung soll über eine gewisse Zeit bestehen, um bei Bedarf ein Recycling zu ermöglichen oder um allfällige Entwicklungen im Abfallmanagement zu berücksichtigen.
Nach der Einlagerung der Abfälle wird das Tiefenlager daher rund 50 Jahre überwacht. Zu gegebener Zeit ordnet der Bundesrat die endgültigen Verschlussarbeiten an. Nach dem ordnungsgemässen Verschluss kann der Bundesrat eine weitere, befristete Überwachung anordnen. Für diesen Fall äufnen die Kernkraftwerkbetreiber einen Fonds, der 40 Millionen Franken für das SMA-Lager und 50 Millionen Franken für das HAA-Lager enthält.
Im Ausland entstehen Tiefenlager
Für schwach- und mittelaktive Abfälle sind heute weltweit mehrere Endlager in Betrieb. Tiefenlager für hochradioaktive Abfälle werden jedoch erst in einigen Jahrzehnten benötigt. Dennoch haben bereits einige Länder wie beispielsweise Finnland und Schweden die Standorte festgelegt und mit dem Bau der Tiefenlager für hochradioaktive Abfälle begonnen.
Vom Wie zum Wo
Die Nagra hat gezeigt, dass im Opalinuston in der Nordschweiz ein geologisches Tiefenlager für alle Arten radioaktiver Abfälle gebaut werden kann. Im September 2022 schlug sie nach jahrzehntelanger Forschung die Region Nördlich Lägern (ZH) als Standort für das geologische Tiefenlager vor. Die Brennelemente-Verpackungsanlage (BEVA) soll in Würenlingen (AG) entstehen. Im April 2024 gab die Nagra die Gründung zweier Tochtergesellschaften (Nagra gTL AG und Nagra BEVA AG) bekannt, die für Bau sowie Betrieb des geologischen Tiefenlagers und der BEVA verantwortlich sein werden.