Sicherheit
Die Forschungsarbeit der Nagra zeigt, dass sich der Opalinuston in der Schweiz seit vielen Jahrmillionen kaum verändert hat. Die Natur selbst gibt Gewähr, dass sich dort radioaktive Stoffe auch in Zukunft über viele Hunderttausende von Jahren einschliessen lassen, ohne Mensch und Umwelt zu gefährden.
Er hält dicht: der Opalinuston
Die hochaktiven Abfälle aus der Wiederaufarbeitung sowie die ausgedienten Brennelemente stellen an ein Wirtsgestein höchste Ansprüche. Sie enthalten fast die gesamte Radioaktivität und müssen lange eingeschlossen bleiben. Dazu ist der Opalinuston in der Nordschweiz sehr gut geeignet, wie die langjährige Forschungsarbeit der Nagra zeigt.
Beim Opalinuston handelt es sich um ein Tongestein. Es entstand in der Jurazeit vor rund 175 Millionen Jahren, als sich feiner Schlamm im flachen Bereich eines Meeres ablagerte, das damals grosse Teile der heutigen Nordschweiz und des angrenzenden Auslands bedeckte. Im Lauf der Erdgeschichte verfestigte sich der Schlamm zu einer Tonschicht, die heute im Untergrund als hartes Gestein vorliegt.
Der Opalinuston hat sich in den vergangenen 180 Millionen Jahren kaum verändert – obwohl in der Zwischenzeit die Alpen und der Jura aufgefaltet wurden und das Gebiet der heutigen Schweiz mehrere Eiszeiten erlebt hat. Es ist davon auszugehen, dass er noch weitere Jahrmillionen genauso ruhig daliegen wird, und zwar in der günstigen Tiefe von rund 900 Metern. Diese Tiefe ist nicht etwa nötig, um die Strahlung eines Lagerbehälters abzuschirmen. Dazu reicht bereits eine Abschirmung durch etwas mehr als zwei Meter Gestein. Die Lagerung in grosser Tiefe stellt vielmehr sicher, dass das Lager durch die laufenden natürlichen und durch Menschen verursachte Veränderungen an der Erdoberfläche, seien dies zukünftige Kriege oder Eiszeiten, nicht freigelegt wird.
Wasserdicht und selbstabdichtend wie Katzenstreu
Die enorme Stabilität im Verhalten des Gesteins erlaubt es den Wissenschaftlern, mögliche zukünftige Veränderungen des Opalinustons für mehr als eine Million Jahre abzuschätzen – für einen Zeitraum also, in dem Aktivität und Giftigkeit der hochaktiven Stoffe auf natürliche Werte absinken können. Und ganz wichtig: Ton ist praktisch wasserundurchlässig und selbstabdichtend. Selbst wenn sich im Opalinuston Risse bilden sollten, schliessen sich diese von selbst wieder und das Gestein bleibt dicht. Deshalb enthalten die feinen Poren des Opalinustons noch immer Anteile von Meerwasser, das vor vielen Millionen Jahren bei der Bildung der Tonschicht am Meeresgrund eingeschlossen wurde.
Das über lange geologische Zeiträume hinweg uneingeschränkte Abdichtungsvermögen von Tongesteinen dokumentiert die Natur eindrücklich – nicht nur mit dem Opalinuston, sondern zum Beispiel auch mit dem Einschluss der jahrmillionenalten Erdöl- und Erdgasvorkommen, die wir heute nutzen.
So macht es die Natur
Die Natur selbst hat vor längerer Zeit in stark uranhaltigem Gestein natürliche Kernreaktoren hervorgebracht, wie sich an den heute noch vorhandenen Spuren von Zerfallsprodukten nachweisen lässt. So existierten vor knapp zwei Milliarden Jahren in Oklo in Gabun (Zentralafrika) mehr als ein Dutzend natürlicher Kernreaktoren. Dort gab es damals so viel spaltbares Uran-235 im Gestein, dass über viele Jahrtausende natürliche Kettenreaktionen abliefen, ähnlich wie in einem Kernkraftwerk, jedoch ohne jegliches Zutun des Menschen.
Diese Naturreaktoren erlauben den Wissenschaftlern einen tiefen Einblick in das Verhalten und die Bewegung radioaktiver Stoffe in Wirtsgestein über sehr lange Zeiträume der Vergangenheit. Die Natur selbst bestätigt, dass auch vom Menschen erzeugte hochaktive Stoffe in geologischen Tiefenlagern sicher eingeschlossen werden können.
Dies gilt umso mehr, weil wir – anders als in Oklo – die radioaktiven Abfälle in einer besonders abdichtenden Gesteinsschicht einlagern und zusätzlich mehrere technische Barrieren einbauen. Sie schliessen die Abfälle wirksam ein.
Mehrfache Barrieren bieten langfristigen Schutz
Ein geologisches Tiefenlager muss die von den Behörden definierten Schutzziele erfüllen. So darf aus einem verschlossenen Tiefenlager keine unzulässige Strahlenbelastung an der Erdoberfläche entstehen. Die Dosis muss kleiner als 0,1 Millisievert pro Jahr sein. Zum Vergleich: Die Dosis eines Bruströntgen beträgt 0,2 Millisievert. Die Nagra konnte mit Sicherheitsanalysen zeigen, dass diese Schutzziele dank der geplanten mehrfachen Sicherheitsbarrieren eingehalten werden können. Alle errechneten Dosiswerte lagen weit unter dem gesetzlich geforderten Schutzziel.
Die Strahlung der Abfälle wird von den dickwandigen Behältern, der Stollenverfüllung, den Lagereinbauten und vom angrenzenden Gestein abgeschirmt. Diese Sicherheitsbarrieren verhindern auch, dass radioaktive Stoffe aus einem geologischen Tiefenlager durch Wasser herausgelöst und an die Erdoberfläche transportiert werden. Ein geologisches Tiefenlager wird deshalb in einem möglichst wasserdichten Gestein gebaut.
Die richtige Verpackung bringt’s
Der Opalinuston sowie die darüber- und darunterliegenden mächtigen Gesteinsschichten bilden die natürliche Langzeitbarriere gegen das Entweichen radioaktiver Stoffe – falls diese irgendwann aus den Lagerbehältern austreten sollten. Eine geeignete Umhüllung der Abfallstoffe und die Umwandlung in eine feste Form sorgen dafür, dass dies – wenn überhaupt – erst nach langer Zeit passieren kann:
- Der hochaktive Abfall aus der Wiederaufarbeitung wird in Glas verfestigt, das von Wasser kaum aufgelöst wird – auch nach sehr langen Zeiträumen, wie vergleichbare natürliche Materialien zeigen, die an der Erdoberfläche seit Jahrtausenden Wind und Wetter ausgesetzt sind. Die verbrauchten Brennelemente sind fest und in gesinterter Form nur sehr schwer löslich. Ein Auslaufen ist grundsätzlich nicht möglich, da keine flüssigen Stoffe vorhanden sind.
- Massive Stahlbehälter schliessen die ausgedienten Brennelemente für etwa 10’000 Jahre ein.
- Rund um die Lagerbehälter werden die Lagerstollen mit Bentonit verfüllt. Dieses natürliche Tonmineral vulkanischen Ursprungs bildet eine zusätzliche starke Barriere. Sie hält praktisch alle verbleibenden radioaktiven Stoffe auch nach einem physikalischen Versagen der Stahlbehälter für weitere Zehntausende von Jahren zurück.