Jahresrevision 2013 - 180 Millionen Franken für verbesserte Energieeffizienz
3. Mai 2013 10:00
Am Samstag, 4. Mai 2013, wird das Kernkraftwerk Gösgen (KKG) planmässig zur Jahresrevision abgeschaltet. Die Modernisierung der Turbogeneratorgruppe wird die Stromproduktion aus dem KKG im Umfang eines mittelgrossen Flusskraftwerkes erhöhen.
Im Verlauf der bevorstehenden Jahresrevision wird die Turbogeneratorgruppe umfassend modernisiert. Im Maschinenhaus werden alle Niederdruckturbinen und Kondensatoren sowie der Generator komplett ersetzt. Die technischen Verbesserungen erhöhen die Energieeffizienz, woraus eine Mehrleistung von rund 30 Megawatt resultiert. Die dadurch mögliche jährliche Mehrproduktion beträgt ungefähr 240 Millionen Kilowattstunden. Dies entspricht etwa der Jahresstromproduktion eines mittelgrossen Flusskraftwerkes. Die Kosten für den Umbau der Turbogeneratorgruppe belaufen sich auf rund 180 Millionen Franken.
Die in der Schweiz übliche ständige Modernisierung der Kernkraftwerke ergibt für das KKG über die Jahre 2010 bis 2017 eine Investitionssumme von rund einer Milliarde Schweizer Franken. Davon werden 40 Prozent für zusätzliche Investitionen in die Sicherheit, 20 Prozent für die Erhöhung der Energieeffizienz und 40 Prozent für den langfristigen Unterhalt und für sonstige Neuinvestitionen verwendet.
Die bevorstehende Jahresrevision bedeutet eine grosse logistische und organistatorische Herausforderung. Das Gesamtgewicht der Maschinenteile der Turbogeneratorgruppe, die ausgetauscht werden, beträgt etwa 1500 Tonnen.
Erneuerung der Turbogeneratorgruppe
Die umfangreichen Umbauarbeiten an der Turbogeneratorgruppe bestimmen die Dauer dieser längsten Jahresrevision seit Inbetriebnahme der Anlage. Sie wird rund 60 Tage beanspruchen. Davon entfallen 44 Tage auf die Kondensatormontage und rund 10 Tage auf das Ausrichten der Turbogeneratorgruppe und deren Inbetriebsetzung.
Für diesen Umbau wurden bereits während der Jahresrevison 2012 verschiedene Vorarbeiten durchgeführt. Darunter fallen der Austausch des maschinentechnischen Generatorschutzes, der wichtige Betriebswerte überwacht, sowie die Anpassung der Generatorkühlung.
Im September 2012 wurde der Maschinenhauskran mit 400 Tonnen Tragkraft durch einen stärkeren mit 500 Tonnen ersetzt. Der Kranersatz war notwendig aufgrund des weit über 400 Tonnen schweren neuen Generatorstators, der während dieser Jahresrevision an seinen Standort im Maschinenhaus eingehoben wird.
Der Lieferant des neuen Generators ist die Siemens AG mit Sitz in Mülheim an der Ruhr. Die Generatorkomponenten wurden Mitte März in Mülheim verschifft, auf dem Rhein bis nach Birsfelden transportiert, von wo aus der Stator und der fast 100 Tonnen schwere Rotor auf unterschiedlichen Verkehrswegen mit Bahn und Strassenfahrzeugen zum Kernkraftwerk transportiert wurden. Die grossen Maschinenteile stehen seitdem auf dem KKG-Areal für den Einbau bereit. Der bisher betriebene Generator wird nach dem Ausbau einer konservierenden Spezialbehandlung unterzogen und als Reserveteil auf dem Areal eingelagert werden.
Die Turbinenkomponenten wurden ebenfalls bei Siemens gefertigt und per Schiff bis nach Birsfelden transportiert. Der Weitertransport zum Kernkraftwerk erfolgte mit Schwerlastfahrzeugen über die Strasse.
Erhöhte Stromproduktion
Konstruktive Verbesserungen an den neuen Turbinen und Kondensatoren bewirken eine Erhöhung des Wirkungsgrades, dessen Ausnutzung einen leistungsstärkeren Generator voraussetzt. Während die Aussengehäuse der Turbinen erhalten bleiben, werden sowohl die Rotoren als auch die Innengehäuse ersetzt. Neue Wellenlager werden eingebaut und diese werden verstärkt an das Turbinenfundament angebunden. Konstruktiv optimiert sind auch die Turbinenschaufeln sowie die Ausströmverhältnisse zwischen Turbine und Kondensator.
Bei den Kondensatoren wird die Berohrung mit Rohrböden und Stützwänden total ersetzt. Insgesamt werden 24 Kondensatormodule mit rund 90 000 Rohren ausgetauscht. Bei den neuen Rohren wurden Durchmesser und Wandstärke optimiert. Dies verbessert den Wirkungsgrad ebenfalls. Die Kondensatormodule wurden beim Lieferanten Balcke-Dürr in Neubekum bereits 2012 zusammengebaut und Anfang 2013 zum Kraftwerk transportiert. Durch die modulare Bauweise kann die Umbauzeit auf der Anlage kurz gehalten werden. Altershalber wären in den nächsten Jahren an den Kondensatoren umfangreiche Instandhaltungsarbeiten nötig geworden, die mit dieser Lösung nun wegfallen.
Weitere Schwerpunkte der Jahresrevision
Während der Jahresrevision werden 36 der insgesamt 177 Brennelemente durch neue Elemente ersetzt. Neben der Modernisierung der Turbogeneratorgruppe werden zudem zahlreiche wiederkehrenden Prüfungen und Instandhaltungsarbeiten an bau-, maschinen-, elektro- und leittechnischen Systemen und Komponenten durchgeführt.
Zu den aufwändigen Arbeiten dieser Jahresrevision zählen unter anderen die Erneuerung von Mischnahtverbindungen im Bereich der Druckhalter-Sprühlanzenstutzen, der vorbeugende Ersatz von Druckhalterheizstäben, die alle zehn Jahre stattfindende Zustandsprüfung der Reaktordruckbehälterbolzen, die Revision des Axiallagers einer Hauptkühlmittelpumpe sowie die alle vier Jahre wiederkehrende Dichtheitsprüfung des Sicherheitsbehälters im Reaktorgebäude. Gesamthaft sind während der Jahresrevision mehr als 3000 Instandhaltungsarbeiten eingeplant. Zusätzlich zum Werkspersonal sind während dieser Zeit über 1000 auswärtige Fachkräfte von rund 170 in- und ausländischen Unternehmen tätig.
Am Samstagmorgen, 4. Mai 2013, wird, wie jedes Jahr zu Revisionsbeginn, eine Funktionsprüfung an Frischdampfventilen durchgeführt. Beim Öffnen des zu prüfenden Ventils wird von aussen sichtbar Dampf abgeblasen. Das dabei verursachte Rauschen ist in der näheren Umgebung des Kraftwerks hörbar.
Im vergangenen 34. Betriebszyklus produzierte das KKG während 315 Tagen 7375 Millionen Kilowattstunden Strom und deckte damit rund 13 Prozent des schweizerischen Strombedarfs. Die Anlage wurde ohne sicherheitstechnische Probleme betrieben.